Im Dezember 2020 findet das erste Treffen des „Knowledge Transfer Upper Rhine Circle“ statt. Die Maßnahme ist Teil eines Arbeitspakets, das darauf abzielt, die Zusammenarbeit zwischen den zahlreichen Transferbüros in der Oberrheinregion zu strukturieren. Bei den überwiegend persönlichen Treffen soll es darum gehen, die Stakeholder aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz besser kennenzulernen und sich im Rahmen von Vorträgen und Diskussionsrunden zu unterschiedlichen Themen aus dem Wissens- und Technologietransfer, auch im Hinblick auf grenzüberschreitende Besonderheiten, auszutauschen. Wir haben mit Prof. Dr. Jörg Thietke, Dekan der Fakultät Technik und Prorektor für Forschung, Innovation und Transfer an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Lörrach, über seine Erwartungen und Wünsche an das Austauschformat gesprochen.

Prof. Dr. Jörg Thietke, Dekan der Fakultät Technik und Prorektor für Forschung, Innovation und Transfer an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Lörrach. ©DHBW Lörrach
In welcher Form erfolgt Wissens- und Technologietransfer an der DHBW Lörrach bislang?
Prof. Thietke: Wissens und Technologietransfer erfolgt bei uns in enger Zusammenarbeit mit unseren dualen Partnern, zu denen im Wesentlichen kleinere und mittelständische Unternehmen aus der Region zählen. Jeder, der an der dualen Hochschule studiert, hat einen Ausbildungsvertrag mit einem Unternehmen. Die Abschlussarbeiten werden ausnahmslos in diesen Unternehmen geschrieben, wobei die inhaltliche Themenstellung von den dualen Partnern geprägt wird. Dadurch geht ein Transfer von der Hochschule in die Unternehmen und wieder zurück. Dank der Kontakte und Ergebnisse, die im Zuge der Abschlussarbeiten entstehen, können wir unser Curriculum anpassen, neue Module generieren und Techniktrends, die sich an Unternehmen abzeichnen, sofort in die Lehre integrieren. Diese Form der kooperativen, angewandten Forschung ist stark auf den Bedarf der Unternehmen ausgerichtet, was sich in unserer Lehre widerspiegelt.
Beim KTUR Circle geht es in erster Linie darum, sich mit anderen Transferakteuren aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz auszutauschen und sich besser kennenzulernen. Was versprechen Sie sich konkret für Ihre Hochschule von den Treffen des KTUR Circle?
Prof. Thietke: Mit dem KTUR Projekt haben wir uns das Ziel gesetzt, den Oberrhein zu einem hoch attraktiven Innovationsgebiet weiterzuentwickeln. Im Vordergrund stehen dabei das persönliche Kennenlernen und die Vernetzung untereinander. Das ist für die DHBW besonders interessant. Mit manchen der Projektpartner haben wir schon länger gute Kontakte, so z.B. mit der Fachhochschule Nordwestschweiz oder der Université Haute-Alsace. Es ist uns aber auch wichtig, zu den anderen Institutionen Kontakte auf- und auszubauen. Ich selbst vertrete die Meinung, dass grenzüberschreitende Projekte nur durch persönliche Kontakte gelingen. Wenn Sie andere Akteure persönlich kennen, können Sie mal eben zum Telefon greifen und das Anliegen besprechen. Das ist sehr sehr wichtig. Auf der Basis eines persönlichen Netzwerks, ist es uns möglich, viel besser zu agieren und unser gemeinsames Ziel zu verfolgen. Wenn sich ein Unternehmen beispielsweise mit einer konkreten Fragestellung an uns wendet, können wir es an eine Hochschule vermitteln, die womöglich genau der richtige Partner für das Unternehmen ist.
Für uns als Neuling im Bereich Wissens- und Technologietransfer, ist es sehr interessant herauszufinden, wie die Prozesse beispielsweise an einem KIT funktionieren, um auch ein Stück weit davon lernen zu können. Durch die Vernetzung mit anderen Transferakteuren aus der Region entsteht eine wunderbare und sehr wertvolle Grundlage für den Ausbau unserer eigenen Transfereinheit. Davon können wir unheimlich profitieren und voneinander lernen. Im Gegenzug können wir durch unsere Kontakte und die enge Partnerschaft zu KMU, ganz konkret wichtige Impulse für den Transfer in Richtung der Unternehmen setzen. Für das KTUR Schwerpunktthema Weiterbildungen können wir beispielsweise dabei behilflich sein, herauszufinden, welche Themen für Unternehmen in der Region aktuell relevant sind.
Welche Themen möchten Sie bei den Treffen des KTUR Circle einbringen?
Prof. Thietke: Ein fachliches Themenfeld, in dem wir ziemlich gut sind und in dem wir sicherlich in eine fachliche Diskussion mit den anderen Hochschulen treten können, ist der Bereich Functional Safety bzw. Cyber Security. Weitere Anknüpfungspunkte sehen wir in den Themen „Entrepreneur“, „Innopreneur“ und „Intrapreneur“. Bei allen drei Begriffen geht es uns um die Fragestellung, wie auch bei kleineren und mittleren Unternehmen der Innovationsprozess beschleunigt werden kann. Dies geschieht dadurch, dass den Mitarbeitern in Unternehmen Budget, Zeitressourcen und Gestaltungsspielräume zur Verfügung gestellt werden, um ein kleines internes Startup zu gründen. So können beispielsweise Produktideen direkt als Innovation umgesetzt oder allgemein die Innovationskultur verbessert werden. Mit solchen Startups besteht die Möglichkeit, den Technologietransferprozess von der Bedarfsseite, also vom Unternehmen her gedacht, voranzutreiben. Das haben wir an der DHBW bereits mit Partnern von uns gemacht, mit ehemaligen Studierenden, die in solchen Prozessen involviert sind.
Wie würden Sie das Potenzial der Maßnahme KTUR Circle für die gesamte Oberrheinregion beschreiben?
Prof. Thietke: Viele Unternehmen haben Bedarf an Kooperationen, wissen aber nicht genau, wer der richtige Partner für sie ist. Die Landesgrenze spielt für sie dabei eine untergeordnete Rolle. Die Unternehmen suchen nach einer Fachkompetenz, die sie weiterbringt. Das Besondere am Oberrhein ist die Vielfalt der Akteure. Daraus ergibt sich ein enormes Potenzial, um enger zusammenzuarbeiten und sich zu vernetzen. Das ist für uns eine Chance, als gesamte Region noch besser zu werden und Innovationen voranzubringen.